»Klara, lebst du?« ruft Johannes
Bang mit lautem Herzenspochen;
Klara liegt am Kerkerlager,
Eine Lilie sturmgebrochen.
Stumm, mit trostberaubter Miene,
Steht des Fürsten Arzt daneben,
Ohne Rast mit Blick und Händen
Spürend nach dem teuren Leben.
Abgewaschen ihrem Antlitz
Ist die jungfräuliche Lüge,
Und in bleicher Todesschönheit
Zeigen sich die holden Züge.
Lose sind die wirren Haare,
Blutig sind die zarten Hände,
Die im Sturme sich geklammert
An die rauhen Felsenwände.
In die weiche Brust gedrungen
Ist der Dolch des Mordgesellen,
Und der treue, warme Purpur
Quillt hervor in raschen Wellen.
Und ein stilles, starres Lächeln
Ruht so hold auf ihrem Munde,
Gleich als fühle sie mit Wonne
Bluten ihre tiefe Wunde.
Wer die Liebe hat im Herzen
Mit dem vollen heißen Triebe,
Fühlt wohl auch die süße Sehnsucht,
Hinzusterben für die Liebe;
Hinzuschütten alles Leben
Mit dem einen süßen Worte:
»Dir!« - wie stürzt das Blut so freudig
Durch die aufgerißne Pforte! -
Doch der alte treue Marko
Waltet ohne Rast noch immer;
Sieht vielleicht sein scharfes Auge
Noch wo dämmern einen Schimmer?
Krauter, die der fernste Süden,
Die der höchste Nord geboren,
Seiner Kunst geheimste Kräfte
Werden jetzt von ihm beschworen.
Wonnebebend und verzweifelnd,
Reicht Johannes ihr die Labe;
Seine Seele zittert zwischen
Klaras Lieb und ihrem Grabe. -
Endlich hebt sich ihre Wimper:
O du Seligster von allen!
Freudeschluchzend zum Gebete
Mußt du auf die Kniee fallen!
Und der alte treue Marko
Blickt empor zu Gott und betet:
»Meine Kunst ist deine Gnade,
Die vom Tode sie gerettet!«
Klara hebt die matten Augen
Auf zu dem in Freudezähren,
Dem zuliebe bald auf immer
Sie geschlossen blieben wären.
Und lebendig wird das Lächeln,
Das vom Tode war befangen;
Ein jungfräuliches Erröten
Dämmert auf den bleichen Wangen.