Jeet Thayil

1959 / Kerala, India

Heroinsestine

Und was war der Sinn?
Das Leben als rollender Stein.
Gejagt, gesnieft, gespritzt. Jedenfalls stoned sein.
Ein B-Movie, in den Hauptrollen Fremde. Zeit
plattmachen. Die 1001 Wörter für Heroin
durchkauen: eine Sprache für sich. Nichts

mehr kennen als die Süße dieses Drecks und nichts
benennen können als H (sprich: eytsch): Brauner Stein,
Sugar, Scag, Shit, Smack, Junk, Weißt-schon, Heroin,
Ghoda Gaadi, Ganja, Garad, Gesetz, Gott. Der Sinn?
Der Stoff, der Schuss, das abgeschossene Draußensein
im Orbit verrannter, verrinnender, geronnener Zeit,

die wie eine Liebe wiederkehrt, ein Gespenstersinn
wie das Jucken in der Kehle einer blinden Kröte. Nichts
kratzt sie, nichts schmeckt ihr, nichts wärmt sie wie Heroin.
Das Tropfen, das Klopfen, die Eile, das Heilen, der Stein
der Weisen, der dich wälzt, dich verschiebt auf sein
Gleis, auf die dünne weiße Spur deiner abgestellten Zeit.
Als du damals sagtest: „Unser Leben ist aus Stein",
brach in mir etwas entzwei. Die Medizin war Heroin.
Was kann ich noch sagen? Ich kenne den Sinn
der Schädeluhr, ihr Ticken gen Null, wo keine Zeit
zu hören ist, so sacht. Danach das süße Nichts,
das fette Staunen darüber, ohne Schmerzen zu sein

in den Beinen, das Nicken dabei, der endlose Sinn
davon, die heillose Liebe dazu. Warum nicht Auszeit
nehmen an der Bar, warum bergauf mit dem Stein?
Nur noch diesmal was Süßes, ein bisschen Heroin,
um alles, was du nicht mehr brauchst, mit gar nichts
zu ersetzen. Was kann für vertane Zeit die Strafe sein?

Mehr Zeit. Nüchtern wirst du sein, ein ausgespülter Stein.
Wirst die Wörter nicht nennen und weiter nichts wollen,
wirst, den Sinn auf der Zunge, ihn nicht mehr kennen.

Ins Deutsche übertragen von Sylvia Geist and Tom Schulz
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