Friedrich Schiller

10 November 1759 – 9 May 1805 / Marbach, Württemberg

Ode An Die Freude

O Freunde, nicht diese Tone!
Sondern lasst uns angenehmere anstimmen
Und freudenvollere!

Freude schoner Gotterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmliche dein Heiligtum!
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode Streng geteilt;
Alle Menschen werden Bruder,
Wo dein sanfter Flugel weilt

Wem der gross e Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein,
Wer ein holdes Weib errungen,
Mische seinen Jubel ein!
Ja, wer auch nur eine Seele
Sein nennt auf dem Erdenrund!
Und wer's nie gekonnt, der stehle
Weinend sich aus diesem Bund

Freude trinken alle Wesen
An den Bursten der Natur;
Alle Guten, alle Bosen
Folgen ihrer Rosenspur
Kusse gab sie uns und Reben,
Einen Freund, gepruft im Tod;
Wollust ward dem Wurm gegeben,
Und der Cherub steht vor Gott!

Froh, wie seine Sonnen fliegen
Durch des Himmels pracht'gen Plan,
Laufet, Bruder, eure Bahn,
Freudig, wie ein Held zum Siegen

Seid umschlungen, Millionen
Diesen Kuss der ganzen Welt!
Bruder! Uber'm Sternenzelt
Muss ein lieber Vater wohnen
Ihr sturzt nieder, Millionen?
Ahnest du den Schopfer, Welt?
Such' ihn uber'm Sternenzelt!
Uber Sternen muss er wohnen
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