Erika Burkart

1922-2010

ENTGEGNUNG

Ich bin kein geistlicher Beistand.
Wunderbedürftigen kann ich nicht helfen,
ich will nicht belehren und
zu gar nichts bekehren,
es sei denn zum Lesen, zu Achtung
vor Tod und Leben im Innewerden
machtloser Menschen, Wälder, Tiere.
Ich bin keine Grüne, Blaue, Rote,
grau bin ich wie ein alter Baum,
in unentwirrbaren Wurzeln
versickern Anklage, Klage.

Flüche? Nur mündlich. Schriftlich
muten sie komisch an.
Ich komme nicht aus
ohne Hintergrund-Gott
(«Mein Gott, ich habe fast nie
an dich geglaubt, aber immer
habe ich dich geliebt.» A. P.),
Gestalter von Körpern jeglicher Art,
Errichter von Himmeln,
himmlischen Leeren,
Schöpfer von Zeit,
Räuber, Zerstörer von Zeitlichkeit.
Kein Trost, dieser Gott,
weniger als ein Bild;
in Abwesenheit eine All-Präsenz,
die Leben zulässt, Liebe,
deren Zeitlosigkeit im Schmerz.

Kriege? Verstehe ich nicht.
Kommen Menschen Gott näher,
konfrontiert mit dem Schnell-Läufer Tod?
Oder verlieren sie ihn, gottverlassen,
aus dem Bewusstsein
wie einen im Schlaf gewachsenen Stein?

Ein Unding, der gott-lose Mensch,
jeder hat, was mehr ist als er,
uneingestanden bezogen auf eine
fluktuierend begrenzte
Absenz.
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