Ihr, die ihr hört an diesem Tage, da
Sich uns zum fünften Mal das Wunder jährt,
Das unsre Stimme durch den Äther trägt,
Zu feiern solches und zu grüßen euch,
In dieser Stunde ist mein festlich Amt!
Daß eines Lautes Schwingung, fortgenährt
Durch Wellen einer eingeteilten Kraft,
Die Meer' und Kontinente überwirkt,
Dies ist als Tat von Menschen groß genug,
Daß man es preise dank- und ehrfurchtsvoll
Und nicht gedankenlos zu leicht gewöhn',
Was kaum erst kühner Traum von Denkern war.
Doch daß nun du und du und du und du,
Als neigt' ich mich zu deiner Einsamkeit,
Als tröstet' ich an deinem Krankenbett,
Als baute ich in blinder Augen Nacht
Die Herrlichkeit der Welt mit Worten auf,
Daß ihr nicht höret eine Stimme bloß,
Nein, auch den Atem einer Seele fühlt,
Das macht das Wunder erst zum Wunder, denn:
Darin ist Liebe und ein Anbeginn!
Was ist der Dünger aller Drachensaat,
Der Zwietracht Speise und des Hasses Trank?
Nur daß einander Menschen hören nicht
Und leichthin von einander wissen bloß,
Was jener schlau und dieser böse sinnt
Im Wettbewerbe, dem entgötternden,
Der Triebe und der Kräfte trüber Art.
Das weiß der Mensch vom Menschen, Volk von Volk,
Von Nützern solchen Wissens arg bedient!
Doch was aus Ungezählten hier und dort,
Aus vielen keusch verschwiegnen Einzelnen,
Aus Menschensehnsucht, die in Zungen spricht,
Aus Menschenrührung, die da überall
Die selbe Träne weint des Glücks und Leids,
Was so sich formt zu ewig Gültigem,
Zur Blüte edler Menschlichkeit und Kunst,
Das hat der Lüge grelle Stimme nicht,
Davon sind nur Gerüchte in der Welt,
Auf die man hinhorcht wie auf Unverbürgt-
Und Fragliches, das längst verweht ist, wenn
Die Stunde da ist, so die Herzen prüft.
Ein Wissen von einander ist dies nicht!
Nun aber, Freunde, die ihr hört: ein Mund
Ist uns gegeben! Ein Posaunenmund,
Wenn es Erhabnes gilt! Ein lieblicher,
Ein Flötenmund, wenn Liebliches
Aus unsern Herzen selig aufgeblüht
Den Weg zu ändern Herzen finden soll!
Und so, einander hörend, reißen wir,
Die an der dunkeln Erde Haftenden,
Die Grenzen nieder zwischen Volk und Volk!
Was ficht uns fürder Raum an oder Zeit,
Die plumpen Helfer alles Mißverstehens?
Wir hören, hören ja einander! Und
Hören ist Alles! Denn sein Stoff heißt 'Wort!
Und Wort ist Duft der Seele, süßer Rauch
Vom reinen Brand der Herzen! Wort ist Geist,
Das hohe Wunder, welches Gott beweist.
Aus Worten baut der Dichter eine Welt,
Die überlebt, was sonst zu Staub zerfällt.
Wort ist des Liedes erster Anbeginn,
Und alle Symphonien sind darin.
Wort steht am Ursprung und wird sein am End',
Und wenn kein Wort mehr, stürzt das Firmament,
Das Sternenströmen ungeheuren Lichts
In Nacht zusammen, ohne Wort ist Nichts!
So Großes ist es um das Wort, und so
Nehmt auch das Unsre, Freunde, und was sonst
Wir heut euch bieten: eines Dichters Werk
Und dann ein andres, andres Göttliches — Musik!
Und wenn dann du in deiner Einsamkeit,
Und du in der Verzagtheit deines Leids,
Und du in deiner Fremde uns vernahmst,
Dann wißt ihr mehr von uns, als Kunde sonst
Euch Wissen bringen mag von unsrer Art.
Dann träumt ihr hörend goldner Wolken Fahrt,
Die sich in unseren Strömen spiegeln, seht
Das Land, von Lüften Südens überweht,
Atmet die Schönheit, die wir glücklich schaun,
Den Duft der Erde, die wir treu bebaun,
Begreift aus unserer Geigen süßen Klangs
Den Hang zu Künsten und die Lust am Tanz,
Des Urteils Milde und die heitere Kraft,
Und wißt am End' — o höchste Wissenschaft,
Die Mensch von Mensch und Volk von Volk gewinnt -
Warum wir so nur und nicht anders sind!