Das ist die Dämmerung mit ihrem Wogen
Aus vielen Toren, die sich dunkel weiten,
Als hätten Hände im Vorübergleiten
Die schweren Riegel leise weggezogen.
Da sind die Wege draußen ohne Ende
Und wirr, als hätten sie ihr Ziel vergessen,
Als kämen sie aus Schatten von Zypressen,
Die schwarz gelehnt an weiße Friedhofswände.
Und in den Straßen tragen auf den Stirnen
Die Menschen alle sonderbare Zeichen,
So daß die Jungfraun den Gefallnen gleichen,
Und wie aus Kinderaugen blicken Dirnen.
Da wagen sich die Toten in das Leben,
Und manchen sehe ich, der längst verschieden,
Und wie sein Angesicht vom Kerzenfrieden
Des Katafalkes bleich und ernst umgeben.
Und andre schwärmen heiter im Gewühle,
Küsse von gestern auf verträumten Munden
Oder das Lächeln fast erlebter Stunden —
Und morgen lahmt sie schon die große Kühle.
Denn was, wie in die Zellen vieler Waben,
Die Glut zerteilt in ungezählte Brände,
Schmilzt jetzt wie weichen Wachses Scheidewände,
Und tot ist lebend, lebend ist begraben.
Da weiß ich, daß die Worte, die gesprochen,
Und alle Taten, die vollendet werden,
Verflüchtigend als Klänge und Gebärden,
Nur wirklich sind, solange Herzen pochen.
Und daß inmitten all der vielen andern,
Die sich in ihrer Art nach Dauer sehnen,
Wir wenigen, die uns beharrlich wähnen,
Dieselben Wege des Vergessens wandern.