Jeden Morgen eilen sie die gleichen
Straßen in die Stadt, die jungen, bleichen
Vorstadtmädchen, stundenlang zu Fuß.
Aber abends, wenn die Glocken läuten,
Heimwärts wandernd, wollen sie erbeuten
Ihren fälligen Anteil am Genuß.
Wenn sie in den Arbeitsräumen sitzen,
Ganz vergraben in Battist und Spitzen,
Überwältigt sie der Träume Drang.
Denn auch sie erachten sich berufen,
Daß sie Schleppen schleifen über Stufen
Strahlender Foyers mit lässigem Gang.
O, wie sind sie lang schon satt, zu dienen -
Vor dem Spiegel üben sie die Mienen,
Welche herrschen könnten über ihn,
Der sie plötzlich aus gedrückter Trübe
In den Glanz des großen Lebens hübe,
Der aus Perlen fällt und Hermelin.
Und da tritt er auch schon lockend leise
Oder sie verblüffend in die Kreise
Ihrer schwer-getragnen Ärmlichkeit.
Und er kennt ihr innerstes Gebahren,
Wissend: Alle wollen sie erfahren
Der Verführung süße Sündigkeit.
Keiner ist so gut wie er mit ihnen,
Retter will er sein und ihnen dienen,
Leise tastet er an ihr Gebrest,
Ihre Wünsche weiß er aufzuschüren,
Geldes Lockung läßt er sie verspüren,
Und die rasche Wollust gibt den Rest.
Aber plötzlich, wenn sie ihm gewährten
Und gefolgt dem zärtlichen Gefährten
In entfernter Städte fremdes Sein,
Ist er wie verwandelt und verwechselt.
Seine Reden, früher fein gedrechselt,
Werden ohne Maske und wie Stein.
Und er droht, sie hilflos steh'n zu lassen,
Wenn sie nicht für ihn in üblen Gassen
Männer locken gingen auf den Strich,
Tränen trotzt er, süßes Angehören,
Fluch und Demut kann ihn nicht betören,
UInd sein Hohn ist wüst und fürchterlich.
Endlich bricht die Scham, zurückzukehren,
Angst und Hunger, ihr erlahmend Wehren
- Auch ihr Schwangersein ist schon gewiß -
Und nun taumeln sie von Bett zu Bette,
Bis sie wo in einem Lazarette
An der Schwindsucht sterben oder Syphilis.