Die Zeiten, gnädige Frau, sind längst vorüber,
Da Liebe noch des raschen Mutes Lohn!
Beim großen Gott, ich ginge lieber,
Den Degen am Gehenk, im stählernen Plastron,
Und sah ich wo in einer Abendstunde
Ein Weib von Ihrer Huld und Zier,
Dann wagt ich meinethalb die Todeswunde
Im Waffengang mit ihrem Kavalier,
Und es entschiede sich:
Er oder ich -!
Dann hielte eine Gondel wo im Schatten
Und trüge ein verhangenes Gezelt;
Der Schrecken stürbe in Ermatten,
Ein Körper, den die Furcht entseelt,
Zwei Hände lösten mählich sich im Krampfe,
Belebten sich zu keusch verzagter Gunst -
Das übrige vollbrächte meine Kunst,
Vom ersten Kusse bis zum letzten Kampfe,
Indes aus fernen Gärten Saiten stöhnten,
Doch nicht so süß, wie ihre Seufzer tönten ...
Die Zeiten, gnädige Frau, sind längst vorbei!
Heut lohnt den raschen Mut die Polizei, i
Doch nicht so süß wie ehedem die Liebe.
Der Degen mangelt, und Spazierstockhiebe
Verletzen zwar, doch machen sie nicht frei.
Und dann, Ihr kühner Kavalier! - O weh! -
Pardon, das war vielleicht ein wenig roh!
Ich sah mit ihm Sie gestern im Cafe:
Hochsommernacht - und er - im Paletot...
Wenn ich bedenk, dass dieser greise Blick
Auf Deiner jungen Schönheit ruht,
Dass dies Geripp Dein warmes rotes Blut
Verdammt zu ewger Sehnsucht Missgeschick -
Dass „er' Dich sieht, wenn alles schon gesunken
Und nur die letzte Seide zögernd träumt,
Dem Tropfen gleich, der an der Blüte säumt,
Weil er von ihrem Duft nicht satt getrunken -
Wenn ich bedenk, dass „er' dich künstelnd zwingt
Zu sinnberaubten, rauschlosen Gebärden,
Statt dass sich jubelnd dir der Schrei entringt:
Jetzt will ich sterben oder Mutter werden! -
Beim großen Gott, dann trag ich's länger nicht
Und es entschiede sich:
Er oder ich!
Sie lächeln, gnädige Frau? Mag sein, ich bin ein Schwärmer.
Und doch - ist man bei kluger Nüchternheit
Nicht auch um manches heiße Prickeln ärmer -?
Ich träum mich gern in eine reichre Zeit,
Da's mehr Gefahren gab und mehr Courage.
Da forscht ich, wollt ich Ihren Gatten schonen,
Durch meinen Mohren, wo Sie wohnen.
Dann schlich im Zofenkleid mein blonder Page
In Ihr Gemach mit manchem Liebespfand.
Ich selber nahte mich - vielleicht im Dome,
Vielleicht im Karneval, im Maskenstrome -
Und drückte heimlich Ihre süße Hand.
Und endlich dann in Sternensommernächten,
Sie am Balkon, um Ihre losen Flechten
Das Mondlicht silbern und wie Wellen kühl,
Im Garten ich - mit Schwert und Saitenspiel,
Gleich gern bereit, zu singen und zu fechten!
Und dann ein Zögern, Flüstern, Für und Wider -
0 edle Scham, du keusche Kupplerin -!
Dann glitte doch die seidne Leiter nieder,
Und ich - vergessen wo ich wirklich bin.
Das Leben ist banal und kostet Überwindung,
Mein Mohr, mein blonder Page sind dahin -
Mir bleibt ein Dienstmann und die Postverbindung
Drum, gnädige Frau: wenn Sie der Unbekannte
Von gestern abends im Cafe
Interessiert, beglückt ihn ein Billet:
Adresse: „Casanova', poste restante. -